„Wenn sie vor dem Spiel auf Kumpel tun und im Spiel nicht mit einem sprechen. Diese Arroganz habe ich oft erlebt.“ Dominik Schmidt ist ehemaliger Fußballprofi von Holstein Kiel und aktuell Trainer bei Atlas Delmenhorst in der Oberliga Niedersachsen. Indem er sowohl jahrelang auf Profiebene als auch aktuell im Amateurbereich tätig ist, hat er ganz unterschiedliche Erfahrungen mit Schiris gesammelt. Auch positive? – Im Rahmen der B-Lizenz-Ausbildung im Uwe-Seeler-Fußballpark in Malente sprach er von einigen positiven Begegnungen. „Patrick Ittrich ist ein kommunikativer und lockerer Typ. Mit dem war das immer sehr angenehm“, so der Ex-Profi. Allerdings hatte er auch negative Erlebnisse. Vor allem arrogante Schiris waren und sind ihm ein Dorn im Auge.
SHFV verändert Lehrgangskonzept
Seit der Saison 2022/23 hat der Schleswig-Holsteinische Fußballverband im Rahmen der Trainerlehrgänge ein neues Kapitel aufgeschlagen. Unter dem Slogan „Verständnis kommt von Verstehen“ sind nicht die 17 Fußballregeln im Fokus, sondern das Miteinander auf und neben dem Platz. „Mit unserer Initiative ´Schiri Insights` wollen wir die Coaches nicht belehren, sondern ein besseres Miteinander erwirken“, sagt der verantwortliche Ausbilder Stefan Wiese. Bis heute haben rund 680 Trainerinnern und Trainer an den Lehrgängen teilgenommen und ein großartiges Feedback abgegeben. „Es war kein reiner Vortrag und interessant gestaltet“, sagt zum Beispiel Oliver Jürk vom TSV Berkentin. „Es hat Spaß gemacht und war ein wertvoller Austausch“, so der B-Lizenz-Inhaber.
Würde eine verpflichtende Schiedsrichter-Ausbildung für Coaches die Lösung sein? Sicherlich sollten alle Akteure, die im Fußball tätig sind, auch regelsicher sein. Sich regelmäßig auf den neusten Stand zu bringen, ist hilfreich, liegt aber häufig nicht im Fokus der Coaches. Die einmalige Schiri-Ausbildung schadet nicht, ist aber auch nicht das Allheilmittel. Und wenn die Trainer selbst ein Spiel pfeifen müssten? Dieses wird oft von Schiris gefordert, damit die Trainer*innen mal sehen, wie anspruchsvoll der Job ist. „Wir haben in die B-Lizenz-Ausbildung einen praktischen Part eingebaut. Es können nicht alle drankommen, aber eine oder einer steht immer mit der Pfeife auf dem Spielfeld und erlebt einen echten Perspektivwechsel. Und was sagt die „andere Seite“ dazu? „Ich sag es ungern, aber es war ganz geil“, so Kenneth Kronholm, Ex-Torwart von Holstein Kiel. Der US-Deutsche sieht aber auch eine große Herausforderung im Schiri-Amt: „Es ist geil, du hast die Macht. – Und es ist scheiße, denn du hast die Macht!“ Wer Schiri ist, trägt eine große Verantwortung, ganz gleich in welcher Liga. Wer bei den Lehrgängen übrigens nicht zum Zug kommt, hat die Chance im Rahmen des Schiedsrichterpraktikums praktische Schiri-Erfahrung zu sammeln.
„Schiri Insights“ ist keine Einbahnstraße
Wenn es um ein besseres Miteinander geht, müssen auch beide Seiten gehört und verstanden werden. Die meisten der Referenten sind nicht nur bei den Trainerlehrgängen aktiv, sondern auch in der Schiri-Ausbildung. Auf diese Weise lassen sich Meinungen, Erfahrungen und Botschaften zur jeweils anderen Seite transferieren. So werden auch die Coaches gefragt, was sie sich von den Schiris wünschen. Die meistgenannten Punkte haben wir im Folgenden aufgeführt und lassen sie an dieser Stelle einfach mal unkommentiert.
Was sich die Coaches von Schiris wünschen:
- Schiris sollten eine Bereitschaft zur Kommunikation mitbringen.
- Eine klare und einheitliche Linie ist elementar.
- Schiris sollten selbst Fußball spielen, um ein Gespür für Situationen zu entwickeln.
- Schiedsrichter müssen Bock auf ihren Job haben!
- Fingerspitzengefühl und Situationsbewusstsein würden oftmals helfen.
- Schiris sollten sich nicht zu wichtig nehmen.
Info: Die C- und B-Lizenz-Inhaber*innen müssen alle drei Jahre ihre Lizenz auffrischen. Der Schiedsrichterpart stellt eine Einheit von 90 Minuten dar. Bei der B-Lizenz-Ausbildung besteht der Schiri-Anteil aus zweimal 90 Minuten. Die zweite Einheit findet überwiegend auf dem Platz statt. Zudem müssen die Teilnehmenden in Form einer Hausaufgabe Videos regeltechnisch analysieren und ihre Ergebnisse einreichen. Eine Prüfung muss jedoch nicht abgelegt werden.
(Artikel von Oktober 2023)