Schiedsrichtergewinnung
ist ein Effekt vieler kleiner Maßnahmen

„Coaching-Zone vs. Schiri-Kabine“

Neben Lutz Wagner waren auch SHFV-Präsident Uwe Döring und SHFV-Vizepräsident Norbert Richter sowie Gäste aus den Landesverbänden Mecklenburg Vorpommern, Thüringen, Hamburg und Berlin in Jevenstedt anwesend.

Neben Lutz Wagner waren auch SHFV-Präsident Uwe Döring und SHFV-Vizepräsident Norbert Richter sowie Gäste aus den Landesverbänden Mecklenburg Vorpommern, Thüringen, Hamburg und Berlin in Jevenstedt anwesend.

Coaches sind immer Teil der Lösung

Nicht selten knallt es, wenn sich Trainer und Schiedsrichter in emotionalen Situationen begegnen. Ein sportliches Miteinander ist jedoch die Voraussetzung für einen starken und attraktiven Amateurfußball in Deutschland. Warum? Die zu geringe Anzahl an Schiedsrichtern ist auch auf den Umgang mit ihnen zurückzuführen. Wer beleidigt oder vielleicht sogar attackiert wird, sucht sich eine andere Freizeitbeschäftigung und hängt die Pfeife an den Nagel. Die Folge sind immer mehr Fußballspiele, die ohne neutrale Schiris ausgetragen werden. „Wer eine Mannschaft trainiert, ist eine Respektsperson und, nicht nur laut Fußballregeln, ein Vorbild“, sagt Stefan Wiese von SchiriBlick. Er ist verantwortlich für die Initiative „Schiri Insights“, mit der SchiriBlick für ein besseres Miteinander auf und neben dem Platz sorgen möchte. Wiese: „Wenn sich ein Coach lautstark und mit erhobenen Armen beschwert, dann ist das ein Signal, welches von Spielerinnen und Spielern, aber auch von Zuschauern und Fans wahrgenommen und oftmals adaptiert wird. Und, wenn die Coaches gar nicht beteiligt sind? „Auch dann sind sie Teil der Lösung“, erklärt Wiese. „Wenn sich ein Spieler respektlos gegenüber eines Schiedsrichters verhält, dann kann der Coach eingreifen oder es sein lassen.“ Gerade im Jugendbereich sollte der Anfang gemacht und der Fokus nicht nur auf fußballerische Raffinesse, sondern auch auf die Förderung von Soft Skills gelegt werden.

DFB-Lehrwart Lutz Wagner setzt Ausrufezeichen

Anfang November kamen rund 130 Fußballbegeisterte in Jevenstedt zu einer bis dahin einmaligen Veranstaltung des Schleswig-Holsteinischen Fußballverbandes zusammen. Unter dem Titel „Coaching-Zone vs. Schiri-Kabine“ veranstaltete die Initiative „Schiri Insights“ einen Austausch der besonderen Art. Star-Gast war der ehemalige Bundesliga-Schiedsrichter und DFB-Lehrwart Lutz Wagner. Dieser verstand es im ersten Teil des Abends nicht nur die zahlenmäßig überlegenden Schiris zu begeistern, sondern auch die teilnehmenden Trainerinnen und Trainer sowie Vertreter der Presse in seinen Bann zu ziehen. „Entscheidend ist, was bleibt!“, sagte Wagner in seinem Vortrag. Damit wollte der erfahrene Regelexperte darauf hinaus, dass nicht nur die richtige Entscheidung am Ende stehen muss, sondern es auch auf das Wie ankommt. Als Beispiel nannte er die beiden Spitzen-Schiedsrichter Deniz Aytekin und Felix Brych, die nicht die wenigsten Fehler machten, aber die höchste Akzeptanz für ihre Entscheidungen hätten.

Podiumsdiskussion …

Nach dem fulminanten Vortrag Wagners wurde das Rednerfeld erweitert. Neben dem DFB-Lehrwart nahmen Jasmin Matysiak (Assistentin Frauen-Bundesliga), Hans-Hermann Lausen (Landesliga-Trainer) und Dajinder Pabla (SchiriBlick) auf dem Podium Platz. Moderiert wurde die offene Diskussion von NDR Journalist Samir Chawki. „Fußball ist unser Hobby und so sollten wir miteinander umgehen. Keiner möchte sich anschreien lassen“, eröffnete Chawki und stellte die Teilnehmenden vor. Landesliga-Coach Lausen verpackte in seinem Anfangsstatement einen Wunsch an die Referees. „Kommunikation auf Augenhöhe und auch mal Fünfe gerade sein lassen, das fehlt mir manchmal.“ Schiedsrichterin Matysiak sagte: „Die Fehlerkultur im Fußball, besonders auch im Amateurfußball, sollte kritisch hinterfragt werden.“ Diese Aussage animierte das Publikum. Zahlreiche Wortbeiträge gaben der Diskussion noch mehr Würze. Exemplarisch ein Trainer, der sich über eine Entscheidung einer Assistentin des drei Tage zuvor ausgetragenen Pokalspiels beschwerte. Was keiner ahnte, die besagte Assistentin saß ebenfalls im Publikum und schilderte kurz darauf ihre Sichtweise. „Optimal, dass wir solche Praxisbeispiele hatten. Besser ging es nicht“, sagte Moderator Chawki. Und wer hatte am Ende Recht? „Das war heute gar nicht wichtig“, so Chawki. Entscheidend ist, dass beide Parteien miteinander sprechen. Die beiden Protagonisten des Pokalspiels taten es im Anschluss der Veranstaltung in jedem Fall.

Frage des Abends ohne klarer Mehrheit

Damit sich jeder aktiv an dieser Veranstaltung beteiligen konnte, wurde die Frage des Abends an alle gestellt und per Smartphone abgestimmt: Was birgt das größte Konfliktpotential zwischen Schiris und Coaches?

  1. Kommunikationsdefizit bei den Schiris 20,5 %
  2. Regelunkenntnis 38,6 %
  3. Ergebnisdruck bei den Teams 37,5 %
  4. Leistungsdruck bei den Schiris 3,4 %

 

Veranstaltung ersetzt nicht das Tagesgeschäft

Zum Ende heißt es, ein Fazit zu ziehen. Oder anders gesagt: „Entscheidend ist, was bleibt!“ Und was bleibt nun? Stefan Wiese: „Die Veranstaltung war das Highlight der Initiative „Schiri Insights“ in diesem Jahr. Viel wichtiger ist aber das Tagesgeschäft.“ Unter dem Motto „Verständnis kommt von Verstehen“ fokussiert das Team SchiriBlick den Austausch und den Perspektivwechsel zwischen Schiris und Übungsleitern und wählt damit einen neuen Ansatz in den Trainerlehrgängen im Uwe Seeler Fußball Park in Bad Malente. Seit August 2022 wurden bereits über 680 Coaches aus- und fortgebildet. Geplant ist, dass viele weitere dazukommen und ihren Beitrag zum erfolgreichen Amateurfußball in Deutschland leisten werden.

Dajinder Pabla

(Artikel von November 2023)